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»Der 63-jährige Autor mahnt, wettert und eifert.
Sein scharfer, entschiedener Ton hat wohltuenden
Seltenheitswert in einer Zeit der
weichzeichnenden Gesellschaftspolitik.«
(Frankfurter Neue Presse )
Henryk M. Broder:
Kritik der reinen Toleranz
Jetzt wird’s gefährlich. Wer nämlich eine andere Weltsicht hat oder andere Meinungen vertritt als Henryk M. Broder oder, schlimmer noch, Seine Majestät höchstselbst zu kritisieren wagt, läuft leicht Gefahr, reflexhaft als Antisemit, Antiamerikaner, Unterdrücker, Diskriminierer, Schmarotzer, Homophobe, Sexist, Klassist, Rassist etc. gebrandmarkt zu werden.
Doch trotz oder gerade wegen des Risikos einer Fatwa seitens dieses notorischen Wadenbeißers, der selbst ganz unverschämt Querulanz und Intoleranz zu Tugenden erhoben hat, ist Courage höchste Bürgerpflicht.
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»Eine bitterböse Polemik, ein wichtiger Debattenanstoß.«
(Hessische / Niedersächsische Allgemeine )
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Bester Beleg ist das vorliegende Buch, das knapp ein Jahr nach Erscheinen nun als Paperback beim Pantheon Verlag neu aufgelegt wurde. Es zeigt in exemplarischer Weise die Strategie dieses Meisters der Rhetorik und Demagogie, der es sich zum Sport gemacht hat, Kontrahenten mit scharfer Zunge und spitzer Feder mindestens sprachlos aber lieber noch mundtot zu machen. Wie ein Berserker hebt der Mann, der sogar soweit ging, sich bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen als Zeichen seiner fundamentalen Opposition gegen einen angeblichen Zeitgeist falsch verstandener Toleranz demonstrativ mit George W. Bush zu solidarisieren, zum Rundumschlag gegen all jene innerhalb und außerhalb unserer Gesellschaft an, die im Grunde zivilisatorisch immer noch nicht auf der Höhe der Zeit sind.
Doch wenn schon nicht Broder, so hätte doch wenigstens der bewunderte unbeugsame wiedergeborene Christ wissen müssen, dass die Devise nicht mehr „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ lautet, sondern „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“. Eine Formel übrigens, die dem Aufklärer Immanuel Kant, auf dessen Kritik der reinen Vernunft Broder im Buchtitel Bezug nimmt, als Vorlage für seinen kategorischen Imperativ diente. – Arnold Abstreiter
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LeserMeinung:
5.0 von 5 Sternen
“Ich halte Toleranz für keine Tugend,
sondern für eine Schwäche –
und Intoleranz für ein Gebot der Stunde”
6. September 2008
Von: Michael Dienstbier (Bochum)
“Kaum jemand traut sich, aus der Reihe zu treten und zu sagen:
Unsere politische Kultur ist nicht ideal, nicht perfekt und nicht vollkommen, aber die beste, die wir je hatten und um Lichtjahre besser als die politischen Kulturen in den Ländern, aus denen die Migranten kommen. So etwas zu sagen, käme einem Super-Gau gleich, eher könnte es passieren, dass Verona Pooth zur Intendantin der Bayreuther Festspiele ernannt wird.
Aber: So viel Intoleranz muss sein, der Klarheit zuliebe” (188).
Henryk Broder war schon immer der Typ, der bei der Wahl der rhetorischen Waffen eher zur Bazooka als zum Florett gegriffen hat. So war es bei seinem 2006 erschienenen Buch Hurra, wir kapitulieren!: Von der Lust am Einknicken, in dem er die westliche Wertegemeinschaft dazu aufrief, den Islam endlich als Bedrohung wahrzunehmen und ihn nicht weiter zu verharmlosen.
Sein neues Buch “Kritik der reinen Toleranz” knüpft hier nahtlos an. Broder stellt fest, dass der gesellschaftlich-politische Diskurs in Europa von einer geradezu neurotischen Sucht nach einer Toleranz geprägt sei, die nicht normativ gebunden ist und für sich allein stehend als Kardinaltugend fungiert. Seine Hauptattacken gelten weiterhin dem Islam und dessen politische korrekten Apologeten, die bereit sind, Ehrenmorde, Selbstmordattentate und gewaltsame Proteste gegen Karikaturen des Propheten mit dem Hinweis auf die imperiale Arroganz des Westens zu relativieren: “Der Westen ist kulturell in der Defensive, was ihm an Tatkraft fehlt, macht er durch Toleranz wett, während die Migranten, die als benachteiligt gelten, ein gesundes Selbstbewusstsein vorleben, um das man sie nur beneiden kann, und das nicht nur, wenn es um die Größe der Moscheen und die Höhe der Minarette geht, die gebaut werden sollen” (199f.).
Zur Höchstform läuft Broder auf, wenn er die Vertreter des Gutmenschentums mit Hohn, Spott und einer gehörigen Dosis Sarkasmus überzieht. Über zwei Wissenschaftlerinnen, die behaupten, dass “die Entblößung des weiblichen Körpers” (168) nicht viel schlimmer sei als “die Verhüllung des weiblichen Körpers in der islamischen Kultur” (ebd.), bemerkt er süffisant: “Man kann keinen Akademiker dazu zwingen, täglich mindestens eine Tageszeitung zu lesen, man muss ihn nur daran hindern, seine eigenen Wahrnehmungsstörungen als wissenschaftliche Erkenntnis auszugeben” (169).
Vor Zynismus noch triefender sind Broders Breitseiten gegen die esoterische angehauchten Kulturrelativisten im Allgemeinen: “Sie besuchen Meditationskurse, trainieren Kung Fu, richten ihre Wohnungen nach den Regeln des Feng Shui ein […] und wenn sie am späten Abend nicht zu müde sind, weil sie den ganzen Tag Krombacher Pils gesoffen haben, um den brasilianischen Regenwald zu retten, dann schauen sie sich auf arte noch einen ausländischen Film in der Originalfassung an” (118). Na dann mal Prost…
Mit seiner heftigen und teils verletzenden Polemik trifft Broder aber genau den Kern der Sache. Es ist schwachsinnig, einfach nur mehr Toleranz zu fordern. Toleranz ist ein wertfreier Begriff und an keine positiven Werte und Normen gebunden. Für wen oder was soll diese allumfassende Toleranz denn gelten? Für Neo-Nazis, die im Suff Ausländer in der ostdeutschen Provinz zu Tode hetzen? Für Pädophile? Für Steinigungen von Frauen, die vergewaltigt wurden und somit Ehebruch begangen haben? Für Länder wie den Iran, in denen Schwule gehängt werden?
Toleranz muss normativ gebunden sein und diese Bindung erfolgt bei uns durch die unveränderlichen ersten 20 Artikel des Grundgesetzes. Alle, die bei Broders Attacken gegen zu viel Toleranz die Nase rümpfen und ihm unter anderem Ausländerfeindlichkeit attestieren wollen, sollten zur Kenntnis nehmen, was Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgesetzes, der 1948/9 für die SPD im Parlamentarischen Rat saß, gesagt hat: “Wir müssen den Mut zur Intoleranz denjenigen gegenüber haben, die die Mittel der Demokratie benutzen wollen, um diese zu beseitigen.”
Dieses Credo der wehrhaften Demokratie, welches auf die Erfahrungen der Weimarer Republik gemünzt war, muss wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung gelangen, bevor es zu spät ist. Wertfreie Toleranz ist ein Verbrechen gegen unser freiheitlich-demokratisches Gesellschaftsmodell, welches sich, bei aller Schwäche, als das Beste erwiesen hat, was jemals von einer Gemeinschaft von Menschen ausprobiert wurde. Oder in den Worten Broders: “Ich halte Toleranz für keine Tugend, sondern für eine Schwäche – und Intoleranz für ein Gebot der Stunde” (201).
Fazit: Broder ist hart und kompromisslos und stellt viele Dinge sicherlich vereinfacht dar. Dennoch ist “Kritik der reinen Toleranz” ein sehr wichtiger und uneingeschränkt zu empfehlender Beitrag in der derzeitigen Diskussion um die Grenzen der Toleranz und der Frage, wie sich der Westen als Wertegemeinschaft definieren soll.
Etwas störend ist es, dass verschiedene Aspekte (die Regensburger Rede des Papstes; der Erzbischof von Canterbury, der Teile der Scharia in England einführen will) gleich mehrfach erwähnt werden, so dass man zu dem Schluss kommen kann, dass Broder das Buch nicht aus einem Guss geschrieben hat, sondern, zumindestens zum Teil, verschiedene seiner Artikel aus Tageszeitungen und Magazinen zu Buchkapiteln erweitert hat. Da Broder aber den Kern der Sache trifft und sein Schreibstil einfach einmalig ist, sind die fünf Sterne trotzdem zu rechtfertigen.
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Kompromisslose und gnadenlos gute Kritik, 3. Mai 2010
Von: Sarina “Sarina”
“Kritik der reinen Toleranz” ist die neue Streitschrift des Spiegel-Autors Henryk M. Broder, der sich – wie schon so oft- auch diesmal nicht scheut, die seine kritische Meinung sehr offen auszusprechen.
Mit Hohn, Spott, Sarkasmus und einer großen Prise Ironie spart Broder dabei ebensowenig wie mit guten Beispielen, die seine Thesen belegen.
Das Werk lässt sich erstaunlich gut und schnell “weglesen”, und obwohl es eine politische meinung überbringen will, ist es klar und deutlich geschrieben. Es ist nicht nötig, die Sätze ein zweites Mal zu lesen, um ihren Sinngehalt zu erfassen, und so eignet sich die neue Streitschrift auch für kurze Lese-Episoden wie Bahn- oder Tramfahrten zur Arbeit.
Besonders angenehm ist auch die kurze Kapiteleinteilung, so dass es einfach ist, nach einigen Seiten das Buch zuzuklappen und zu gegebener Zeit nahtlos anzuschließen.
Das neue Werk ist ebenso amüsant und energisch geschrieben wie die vorigen und eignet sich überaus gut als Geschenk für Freunde und andere “Gutmenschen”, um die Augen zu öffnen oder die ohnehin gefasste Meinung zu bestärken.
Besonders gut eignet sich das Buch für Berliner, oder solche, die es werden wollen, weil immer wieder Berlin mit Politik und Lebensart in den Fokus der Kritik trifft…
Fazit: Das Werk ist hart, kompromisslos, trifft immer den Kern der Sache – und ist gnadenlos gut!
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